ADHS Eltern: Bessere Gespräche in der Schule führen. 3 Tipps, die dir richtig weiterhelfen.

Tipp 1: Bereite dich vor

„Sie machen es sich ja ganz schön leicht!“ – Zack! Das hatte gesessen. Die Grundschullehrerin meines Sohnes war überzeugt: Alles eine Frage der Erziehung. Was war da bloß los bei mir zu Hause? Ah ja, Scheidungskind, kein Wunder. Ich war den Tränen nahe, fühlte mich wie von einem Güterzug überfahren und wusste lange nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Die Verhaltensweisen meines Sohnes, auf die sie sich bezog:

  • Er vergaß seinen Ranzen, obwohl er ihn beim Einsteigen ins Auto auf der Schulter hatte.
  • Nach dem Sportunterricht sah er aus wie ein gerupftes Huhn: Sporthose noch an, am linken Fuß ein Turnschuh, am rechten den Straßenschuh – und wo war überhaupt sein Turnbeutel?

Und da saß ich dann, auf einem Kinderstuhl, der Lehrerin gegenüber – und kam mir selbst wie eine Schülerin vor.

Im Laufe der Jahre habe ich gelernt: Wenn ich mich auf das Gespräch mit der Lehrerin vorbereitet hätte, hätten wir zusammen für meinen Sohn möglicherweise mehr erreicht. So fiel er einfach durchs Raster.

Vielleicht glaubst du jetzt: „Aber Vorbereitung dauert doch ewig!“ Doch das ist vielleicht zu kurz gedacht. Sich auf Gespräche in der Schule gar nicht vorzubereiten ist viel anstrengender – und zwar im Nachhinein.

Dabei brauchst du nur ein paar Dinge zu beachten:

Führe nie Gespräche zwischen Tür und Angel

Falls dich die Lehrkraft spontan anspricht, kannst du sagen:

👉 „Ich möchte Ihnen wirklich zuhören können. Bitte lassen Sie uns einen Termin ausmachen. Dann können wir alles in Ruhe besprechen.“

Kläre immer den Rahmen, in dem das Gespräch stattfindet. Damit du nicht auf Kinderstühlchen sitzen musst, kannst du zum Beispiel vorschlagen, dass man sich bei Dir zu Hause oder im Lehrerzimmer trifft.

⚠️ Warum das wichtig ist:
Es zeigt, dass du an Kontakt auf Augenhöhe interessiert bist. So wirst du eher ernst genommen.

Schreibe dir deine Kernbotschaften auf

Überlege dir vorab:
✅ Was ist dein Ziel für das Gespräch?
✅ Welche Unterstützung wünschst du dir für dein Kind?
✅ Welche Fragen möchtest du stellen?
Schreibe dir deine wichtigsten Anliegen stichpunktartig auf. Eine Notiz auf dem Handy oder in einem kleinen Notizbuch hilft dir, während des Gesprächs den Faden nicht zu verlieren.

⚠️ Warum das wichtig ist:
Wenn du vorher weißt, was dir wichtig ist, dann kannst du es auch mit der Lehrkraft besprechen – statt dass dir erst zu Hause einfällt, was du alles am liebsten noch gesagt hättest.

Sammle konkrete Beispiele – auch positive!

Lehrer erleben dein Kind nur in der Schule, du aber kennst sein gesamtes Verhalten. Überlege dir konkrete Situationen, die verdeutlichen, wo dein Kind Unterstützung benötigt.

Überlege:
✅ Gibt es Muster im Verhalten?
✅ Welche Strategien funktionieren zu Hause?
✅ Was läuft gut?

⚠️ Warum das wichtig ist:
Du bist der Experte für dein Kind. Deshalb kann es sein, dass dir Lösungen einfallen, die sich auch für die Schule eignen.

Nimm eine Vertrauensperson mit (wenn nötig).

Falls du dich unsicher fühlst, frage einen Elternteil, eine Vertrauensperson oder eine schulische Unterstützung (z. B. Schulsozialarbeiter), ob sie dich begleiten. Sprich am besten gleich im Vorhinein mit der Lehrkraft ab, wer am Gespräch teilnimmt – so fühlt sich niemand überrumpelt.

⚠️ Warum das wichtig ist:

Du hast jemanden, mit dem du das Gespräch später reflektieren kannst. Wenn man aufgeregt ist, arbeitet das Gehirn weniger konzentriert. Deine Begleitung kann dir helfen, dich an wichtige Punkte zu erinnern.

Geh das Gespräch vorher im Kopf durch.

Stelle dir mögliche Szenarien vor:
✅ Was könnte die Lehrkraft sagen?
✅ Wie kannst du entspannt bleiben?
✅ Wie reagierst du souverän auf abwehrende Äußerungen?

Falls du nervös bist, spiele das Gespräch einmal laut mit einem Partner oder einer Freundin durch.

⚠️ Warum das wichtig ist:
Je besser du auf unangenehme Bemerkungen vorbereitet bist, desto weniger wirst du emotional überrumpelt.


Tipp 2: Kenne die Rechte deines Kindes und frage nach

Wenn du ein Kind mit ADHS hast, stehen ihm in der Schule bestimmte Rechte zu. Viele Eltern wissen das nicht – und leider auch nicht alle Lehrkräfte. Deshalb ist es wichtig, dass du informiert bist! Nur wer seine Rechte kennt, kann sich auch dafür einsetzen.

Hier sind einige Punkte, die du kennen solltest:

Nachteilsausgleich
💡 Das bedeutet:

Dein Kind kann zum Beispiel mehr Zeit bei Klassenarbeiten bekommen, größere Schrift auf Arbeitsblättern erhalten oder Aufgaben mündlich statt schriftlich beantworten. Es geht nicht darum, dass dein Kind bevorzugt wird, sondern dass es die gleichen Chancen hat wie andere. Ein Antrag genügt. Wie so ein Antrag aussieht und mehr Informationen findest du hier https://www.forum-verlag.com/fachwissen/bildung-und-erziehung/nachteilsausgleich/

👉 Frage nach:
„Welche Möglichkeiten für einen Nachteilsausgleich gibt es an dieser Schule für Kinder mit ADHS? Welche Maßnahmen wären Ihrer Einschätzung nach für mein Kind sinnvoll?“

Notenschutz
💡 Das bedeutet:
In bestimmten Fächern (z. B. Deutsch oder Mathe) können bestimmte Fehler weniger stark bewertet oder ausgeklammert werden, wenn sie auf die ADHS-Symptomatik und Verhaltensweisen zurückzuführen sind. Hier gelten dann Kriterien, die zwischen Eltern und Schule abgestimmt werden. Details dazu gibt es unter anderem hier (https://www.hauslehrer.de/blog/nachteilsausgleich-und-notenschutz/ )

👉 Frage nach:
„Besteht für mein Kind die Möglichkeit, einen Notenschutz zu erhalten? Unter welchen Bedingungen wird das gewährt?“

Individuelle Förderung:
💡Das bedeutet:
Die Schule sollte dein Kind unterstützen – nicht nur mit Strafen reagieren. Viele Schulen erstellen für Kinder mit ADHS einen individuellen Förderplan. Dieser enthält gezielte Maßnahmen zur Unterstützung, z. B. mehr Struktur im Unterricht, klare Anweisungen oder alternative Prüfungsformate.

Eine weitere Möglichkeit der individuellen Förderung wären Konzentrations-Trainings wie das Marburger Konzentrationstraining (MKT) https://marburger-trainings.de/marburger-konzentrationstraining/.

Manchmal gibt es Schulen, die für ADHS-Kinder spezielle Lösungen anbieten, zum Beispiel ein Paten- oder Mentorenprogramm. Dann hilft entweder eine Lehrkraft, ein Schulsozialarbeiter oder ein älterer Schüler als Ansprechpartner im Schulalltag organisiert zu bleiben.

👉 Frage nach:
„Gibt es für mein Kind die Möglichkeit, einen individuellen Förderplan / ein Konzentrationstraining / eine feste Bezugsperson zu erhalten?“

Mitspracherecht:
💡 Das bedeutet:
Lehrkräfte entscheiden nicht allein über dein Kind. Du hast das Recht, gehört zu werden. Wenn dir eine Entscheidung der Schule unfair erscheint, kannst du nachfragen. Bei wichtigen Fragen gibt es auch Beratungsstellen oder Schulpsychologen, die helfen können. Eine hilfreiche Webseite zu diesem Thema ist die des Zentralen ADHS-Netzes. Dort findest du Informationen zu schulrechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Elternmitwirkung: https://www.zentrales-adhs-netz.de/fuer-paedagogen/schulrechtliche-rahmenbedingungen/

👉 Frage nach:
Wie kann ich als Elternteil aktiv an Entscheidungen teilnehmen, die mein Kind mit ADHS betreffen? Welche Möglichkeiten der Mitbestimmung gibt es an dieser Schule?“

⚠️ Warum das wichtig ist:
Eltern, die Fragen stellen – besonders zu den Rechten ihres Kindes –, zeigen damit, dass sie sich aktiv für das Wohl ihres Kindes einsetzen. Viele Pädagogen achten darauf, was einem Kind guttut. Für sie spielt der Begriff des Kindeswohls (und dessen mögliche Gefährdung) eine wichtige Rolle. Wenn du genau nachhakst, wirkst du also sicherer und zeigst, dass du dich kümmerst. Du störst also nicht, wenn du fragst – du setzt dich ein. Das schafft eine Gesprächssituation, in der ihr nicht gegeneinander, sondern miteinander nach Wegen sucht – wie zwei Menschen, die auf derselben Seite eines Problems stehen.


Tipp 3: Höre aktiv zu – so nimmst du richtig teil!

💡 Was bedeutet das?
Hör gut zu und lass die Lehrkraft ausreden. Wenn sie spricht, nicke, aber unterbrich nicht. Wenn du unsicher bist, frag nach: „Könnten Sie mir das näher erklären?“ oder „Ich verstehe, dass Sie sagen, mein Kind ist oft unruhig, aber was genau meinen Sie damit?“

🛠️ Wie geht das ganz praktisch?

  • Sei präsent und zeig Interesse – auch wenn’s schwerfällt. Wenn der Stress und die Sorgen in dir brodeln, kann es wie ein innerer Drang sein, sofort zu antworten oder zu widersprechen.
  • Wenn dir etwas komisch vorkommt, sag: „Ich möchte sicherstellen, dass ich alles richtig verstehe.“
  • Wiederhole wichtige Punkte: „Also, Sie sagen, mein Kind lenkt andere oft ab, richtig?“ Das zeigt, dass du zuhörst.
  • Mach dir Notizen – das bringt Klarheit und zeigt, dass du ernsthaft dabei bist.

⚠️ Warum das wichtig ist:
Wer aktiv zuhört, zeigt Engagement. Du bist nicht einfach nur da, sondern du nimmst Einfluss. Wenn du nachfragst, gewinnst du Respekt. Das hilft, Missverständnisse zu klären und die Lehrkraft merkt, dass du bereit bist, zusammenzuarbeiten.

Das Wichtigste auf einen Blick:

Tipp 1: Bereite dich vor
Schreib dir vorher auf, was du sagen willst, sammle konkrete Beispiele und plane das Gespräch bewusst. So wirst du ernster genommen und behältst den Überblick.

Tipp 2: Kenne die Rechte deines Kindes
Dein Kind hat Anspruch auf Unterstützung – zum Beispiel individuelle Lösungen, Nachteilsausgleich oder Notenschutz. Stell gezielt Fragen, um herauszufinden, welche Möglichkeiten es an eurer Schule gibt.

Tipp 3: Höre aktiv zu
Lass die Lehrkraft ausreden, frag nach und fasse das Gehörte in eigenen Worten zusammen. Das zeigt, dass du nicht nur da bist, sondern mitarbeitest.

Pro Tipp: Behandle Elterngespräche wie Teamarbeit – eine gute Vorbereitung hilft dir, das Beste für dein Kind herauszuholen.

Und übrigens:
Diese Strategien helfen nicht nur in der Schule – du kannst sie auch bei Gesprächen mit Ärzten, Therapeuten oder anderen Betreuungspersonen nutzen.

Falls ein Gespräch doch mal schwierig wird…

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