Das haben die Teilnehmer des Bildungsurlaubes „Hurra, wir streiten uns“ in Günne am Möhnesee in fünf gemeinsamen Tagen erlebt.
Herrliche Landschaft, gutes Essen und ein Tagungshaus mit familiärer Atmosphäre – so kann Bildungsurlaub Spaß machen, selbst bei einem scheinbar so problematischen Thema wie Streit und Konflikt. „Habt ihr das nötig?“, wurden im Vorfeld einige Teilnehmer von ihren Freunden gefragt. Die bereits vor dem Seminar gegebene Antwort hätte ich selber nicht besser formlieren können: „Wieso? Wir kümmern uns um uns und unsere Beziehung und deshalb sind wir schon seit Jahrzehnten miteinander glücklich verheiratet“.
Wenn man viele Jahre mit jemandem zusammenlebt, wäre es eher unnatürlich anzunehmen, es gäbe nie gegenläufige Interessen und auch keinerlei Konflikte. Aber auch für die Beziehungen im Berufsleben ist es hilfreich, wenn man ein Grundwissen darüber hat, was ein Konflikt überhaupt ist. In beinahe jedem Seminar staunen die Teilnehmer nicht schlecht, wenn sie beispielsweise erfahren, dass alleine ein Unterschied in der Wahrnehmung oder in den Interessen noch gar kein Konflikt ist. Erst wenn sich einer der Beteiligten beeinträchtigt fühlt, spricht man von Konflikt. Doch wann fühle ich mich beeinträchtigt und warum? Und wie um Himmels willen spreche ich Konflikte an? Häufig fühlen sich Menschen ohnmächtig, fremdbestimmt und in starren Strukturen gefangen und fragen sich: „Wie soll ich etwas ändern? Ich kann doch gar nichts tun – und wenn ich etwas tue, dann werde ich vielleicht ausgegrenzt.”
Selbst in einem Seminar zum Thema Konflikte kann es Konflikte geben. Doch mit Humor, einem fundierten Wissen zum typischen Verlauf von Konflikten, mit Leitfäden zum Führen von Konfliktgesprächen und einer gehörigen Portion Selbstreflexion ist es möglich, entspannt zu bleiben, nicht alles persönlich zu nehmen und auch mal zu sagen, wenn einen etwas stört.
„Du hast hier ja auch Konflikte gelöst, aber ohne Aggression. Du hast nicht mal deine Stimme erhoben und warst trotzdem klar und abgegrenzt. So will ich das auch können“, wurde mir am Schluss in der Feedback-Runde gesagt.
Solche Rückmeldungen gehören zu den schönsten Komplimenten, die man mir machen kann. Das vergangene Seminar hat mich wieder davon begeistert, wie offen und veränderungsbereit viele Menschen sind. Es ist zwar nicht einfach, Gewohnheiten loszulassen, doch allen Teilnehmern ist das in den gemeinsamen fünf Tagen gelungen. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit konnten selbst Hindernisse und Störungen wie enorme Hitze, körperliche Beschwerden oder sogar ein Wespenstich nicht verhindern, dass alle Teilnehmer ihre Haltung und sogar ihren Umgang miteinander positiv verändert haben.
Für mich sind es die schönsten Momente meiner Arbeit, wenn jemand seine Bedürfnisse klar und freundlich äußern kann, der sich das vorher aus Angst vor Ausgrenzung nie getraut hätte. Oder wie ein anderer Teilnehmer sagte: „Ich mag an mir, dass ich Konflikte ansprechen und mich auch durchsetzen kann, aber ich habe gelernt, dass ich das vielleicht nicht immer so laut tun muss“. Bei solchen Sätzen geht mir das Herz auf, denn einen solchen Satz zu sagen, erfordert Mut, Stärke und einen freundlichen Umgang mit sich und anderen.
Ich bin mir sicher, dass nach dieser tollen Woche voller schöner Momente und Begegnungen alle Teilnehmer freudig und gestärkt nach Hause gegangen sind – darüber hinaus mit einem Gefühl von Verbundenheit mit Menschen, die sie vorher gar nicht gekannt haben oder womöglich auch nicht hätten kennenlernen wollen.
Ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit erfüllt mich nach diesem Seminar, denn es gibt so viele wunderbare Menschen, die sich für einen harmonischen und friedlichen Umgang mit sich selbst und anderen einsetzen – und die sich dafür aus ihrer Komfortzone bewegt haben.
Ich selbst bin auch dankbar für die vielen wunderbaren Begegnungen, wertschätzenden Rückmeldungen und lieben Aufmerksamkeiten – denn für mich war jeder Teilnehmer ein Geschenk. Es ist nicht so, dass die Teilnehmer nur von mir lernen. Ich lerne auch viel von den Teilnehmern.